Zitate sollten stets im Original zitiert werden. Ohne Anmassung einer Veränderung. Da braucht man auch zwischen "großer" Literatur und Fachliteratur keinen Unterschied zu machen. Dennoch ist klar: In der Poesie, aber auch in mancher um besondere Klarheit bemühter Sachdarstellung haben Autoren von ihrem Recht Gebrauch gemacht, manches ganz bewußt anders zu schreiben. Auch, zum Beispiel, um ein Nachdenken anzuregen.
Nach meiner Tätigkeit für dieselbe im span. Baskenland, schreibe ich beispielsweise Bürokratie mit Doppel-R... Als schmunzelnden Hinweis darauf, dass Theokratie eben angeblich Gottesherrschaft ist, Demokratie vorgeblich die Herrschaft des Volkes (dazu müsste man sie meiner Meinung nach allerdings noch mal auf einem Blatt weissem Papier überdenken, damit sie der Elemente des Feudalismus entledigt wird, - oder halten wir uns die Politiker und Beamten, damit sie uns gängeln??)
Einmal ganz abgesehen davon, daß ich eh - je nach Land und Computertastatur, die mir zur Verfügung steht - und Typos, die sich in der Eile einschleichen und nur in "wichtigen" Schriftstücken sogleich gesucht werden - die "neue Rechtschreibung" nur als Befreiung meiner relativ flinken Finger nutze.
Wer sich vornehmlich im Ausland bewegt, dem fällt auf: Kein anderes Volk (kein Sprachraum) hätte derlei Unfug mit sich machen lassen. Alle Anderen sind viel zu stolz auf ihre Sprachen, und messen der korrekten Beherrschung - auch als Zeichen der Wertschätzung eigener und fremder Kompetenz (Haltungs-Symbolik) - eine viel zu große Bedeutung zu, als daß sie überhaupt den Gedanken, die Sprache ständig dem Niedergang am Fischmarkt und sonstwo anzupassen überhaupt einen Raum lassen würden. Versucht mal, den Engländern amerikanische Ortographie anzutun, oder sie gar dieser zu unterwerfen, wie das mit den Deutschen und Österreichern geschieht. (Die Schweizer haben sich davon eh in die stärkere Isolation des versmehrten Schwyzerdütsch zurück gezogen... Da können Fremde jetzt, obwohl sie extra deutsch gelernt haben, sich am Radio nicht mehr informieren. Genau wie in Katalonien und im Baskenland mit Spanisch...)
Die Rechtschreibreform ist insofern eigentlich vor allem ein interessanter Anlaß zum Studium der besonderen psychosozialen und massen-psychologischen sowie Herrschafts-Beziehungen (und -Gelüste, incl, der "Lust am Einknicken", aber keinesfalls nur im einseitigen Sinne des Haßhetzers H. M. Broder) des deutschen Sprachvolkes, wieso derlei so willfährig angenommen wird. Wieso also auch Sprachwissenschaftler überhaupt wagen können derlei zu verzapfen (und die Bürger es auch noch bezahlen, und dann dem fremden Diktat auch noch folgen)???
Da liegt schon irgendwie ein Knick vor.
Weist er auch auf andere Dekadenz-Voraussetzungen hin?
Für jemanden, der Frieden und Prosperität auf Basis der Wertevielfalt Europäischer (und jeder anderen!) Kulturen gern als Gegenentwurf gegen faschistoide Machtpolitiken und gegen die "normalität" des Waffen- und Machtmissbrauches zum Erreichen eigener Ziele stark und beachtet sehen möchte, müßen die Wirkzusammenhänge, die zu einer Schwächung Europas und seiner Kulturen, und ihres Selbstbewusstseins, führen Anlass zum Nachdenken sein.
Ciao. H